Habe ich Anspruch auf Grundrente?

Es gibt häufig Klage gegen die Grundrente und ihre Vorgaben. Sie ist erst vor kurzem als eine neue Variante der Rentenleistung aufgestellt worden. Wer zwar regelmäßig in die Rentenversicherung eingezahlt hat, aber wegen der zu geringen Beitragssumme nur unzureichende Rentenansprüche gesammelt hat, wird durch die Grundrente bessergestellt. Dazu sind aber sehr strikte Vorgaben einzuhalten. Von […]

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Seamus Wolf
Von Seamus Wolf

24. Aug 2022

Lesezeit: ca. 9 Minuten

Habe ich Anspruch auf Grundrente

Es gibt häufig Klage gegen die Grundrente und ihre Vorgaben. Sie ist erst vor kurzem als eine neue Variante der Rentenleistung aufgestellt worden. Wer zwar regelmäßig in die Rentenversicherung eingezahlt hat, aber wegen der zu geringen Beitragssumme nur unzureichende Rentenansprüche gesammelt hat, wird durch die Grundrente bessergestellt. Dazu sind aber sehr strikte Vorgaben einzuhalten.

Von Politik und Medien wird sie sehr häufig auch als „Mütterrente“ bezeichnet. Hintergrund ist die Tatsache, dass gerade berufstätige Mütter trotz einer hohen Arbeitsbelastung häufig nur über eine sehr unzureichende Rente verfügen. Was insbesondere für Alleinerziehende, die sich nicht auf das Einkommen und die Rente des Partners verlassen können, eine ausgesprochen schwere Belastung darstellt. Aufgabe der Grundrente ist ihnen dennoch eine ausreichende Rente zu gewähren, um die Lebenserhaltungskosten zu decken und eine abrutschen in die Sozialhilfe zu vermeiden.

Grundrente Voraussetzung

Es ist wichtig, im Kopf zu behalten, worum es sich bei der Grundrente eigentliche handelt. Sie ist eine Leistung der Rente, und damit direkt von der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig. Gleichzeitig ist sie aber auch eine Sozialmaßnahme, die sich an der Bedürftigkeit der Empfänger orientiert. Durch diese Einflüsse nimmt sie eine eigentümliche Position zwischen Sozialhilfe und Rente ein. Während Sozialleistungen nur auf die Notwendigkeit des Antragstellers blicken, verlangen sie gleichzeitig weitreichende Einblicke in die Vermögensverhältnisse und das Einkommen des Betreffenden.

Die normale Rente hingegen wird in ihrer Höhe ausschließlich von der, durch eigene Beiträge erworbenen, Rentenanwartschaft bestimmt. Wie viel Eigentum und welche Erträge der Rentner daneben hat, ist vollkommen uninteressant. Alle Voraussetzungen beziehen sich ausschließlich auf das Lebensalter und die gesammelten Beitragszeiten.

Die Grundrente liegt zwischen diesen Vorgaben. Sie hängt wie die anderen Renten von Beitragszeit und Alter ab. Gleichzeitig setzt sie auch eine gewisse Bedürftigkeit voraus, was sie näher an die Sozialhilfe rückt. Dabei ist, die Prüfung weit weniger streng als bei der normalen Grundsicherung.

Grundrente auch für Männer und Kinderlose

Durch die starke Konzentration auf den Begriff „Mütterrente“ wurden in der Bevölkerung falsche Vorstellungen von dieser Rente geweckt. Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Männer, die alle anderen Bedingungen erfüllen, haben genauso Anspruch auf eine Grundrente wie Frauen. Zwar ist es rein statistisch weniger wahrscheinlich, dass sie zur Gruppe der Qualifizierten gehören, sollte es aber so sein, werden sie rechtlich absolut gleichbehandelt.

Ebenfalls nicht nötig für die Grundrente, ist das Vorhandensein von Kindern. An keiner Stelle werden sie in den betreffenden Regeln und Statuten erwähnt. Sie geben damit dem Bezieher nicht einmal einen Vorteil und müssen in diesem Fall auch nicht weiter diskutiert werden. Für die „Mütterrente“ sind sie nicht von Relevanz. Was auch für Ehen und Partnerschaften zutrifft. Ob man verheiratet, in einer Partnerschaft und alleinstehen ist, bleibt unberücksichtigt.

Daher ist es auch keineswegs so, durch die Mutterschaft automatisch Anspruch auf die Grundrente zu haben. Tatsächlich dürften sich die allermeisten Mütter nicht für sie qualifizieren! Sei es, eine zu hohe Rente, Zuviel Zusatzeinkommen, zu wenig Beitragszeiten oder eine unpassende Summe an Lebenseinkommen. Ausschlaggebend ist ausschließliche ein sehr komplexer Katalog an Vorgaben.

 Beitragszeiten für die Grundrente

Um zumindest Anspruch auf einen Teil der Grundrente zu haben, sind mindestens 33 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzuweisen. Eine vollständige Berechtigung verlangt jedoch 35 Jahre. Sie orientiert sich hierbei an der Frührente und der für sie geltenden Anforderung. Zwar kann diese Voraussetzung ebenfalls durch Anrechnungszeiten erfüllt werden, man muss also nicht 35 Jahre lang durchgearbeitet haben, allerdings sind spezielle Unterschiede zu berücksichtigen, die erhebliche Auswirkungen auf den Zugang zur Grundrente haben.

Wie gewöhnlich zählen Jahre mit wirklicher Beitragspflicht zur Wartezeit. Also jeder Monat, indem man berufstätig war und Rentenbeiträge eingezahlt hat, unabhängig ob die Tätigkeit in Teilzeit, Vollzeit oder als Minijob erfolgte. Auch die Kinderberücksichtigungszeiten können eingebracht werden, was immerhin bis zu 10 Jahre pro Kind bedeuten kann. Wer sich unentgeltlich um einen Pflegebedürftigen gekümmert hat, darf diese Zeit anrechnen, genauso wie alle, die selber längere Zeit Krankengeld bezogen haben. Und auch die Schul-, Ausbildungs- und Studienzeiten finden ihrer Geltung.

Die große Ausnahme, und gerade für Geringverdiener sehr kritisch sind Zeiten, in denen man arbeitslos war. Weder sie als Arbeitslosengeld I bekannte Sozialversicherung, noch ein Beziehen von Leistungen Arbeitslosengeld II (das berüchtigte Hartz IV), dürfen gewertet werden. Eine markante Abweichung zu allen anderen Leistungen der Rentenkassen, welche hier Wartezeiten gewähren. Wer somit das Pech hat, eine längere Zeit seines Lebens arbeitslos zu sein, kann den Anspruch auf eine Grundrente verlieren, obwohl man an sich in die eigentliche Zielgruppe für diese Maßnahme fällt.

Grundrente Einkommensvorgaben

Neben diesen Voraussetzungen bei den Rentenzeiten gibt es noch sehr genaue Vorgaben für das vergangene Einkommen der zukünftigen Rentner. Um Anspruch auf eine Grundrente zu erhalten, muss das eigne Durchschnittseinkommen in der Vergangenheit in einem Korridor zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes gelegen haben. Dabei wird das vollständige Erwerbsleben genommen und auf jährlicher Basis vergleichen. Im Jahre 2019 betrug das durchschnittliche Einkommen etwa 38.901 Euro. Würde dieser Wert für das gesamte Berufsleben gelten, hätte man jedes Jahr zwischen 11.679, 30 Euro (30 Prozent) und 31.120,80 Euro (80 Prozent) verdienen müssen.

Natürlich ist dieser Wert in der Wirklichkeit weitaus flexibler und größeren Schwankungen unterworfen. Wichtig ist es für zwischen den für das eigene Leben bestimmten Marken zu bleiben. Sollte man jedoch Zuwenig oder Zuviel verdient haben, erlischt der Anspruch auf Grundrente! Dies kann zu der bizarren Situation führen, dass man kurz vor der Rente auf Gehalt verzichten muss, um ein Verletzen der Obergrenze zu verhindern. Zweck dieser Regel ist es, den Kreis der Berechtigten auf Geringverdiener zu begrenzen, die aber dennoch eine deutliche Arbeitsleistung abgelegt haben.

Grundrente Bedürftigkeitsprüfung

Da die Grundrente zuteil Sozialleistung ist, wird auch die Bedürftigkeit der Empfänger überprüft. Im Gegensatz zur wirklichen Sozialhilfe, die für Rentner Grundsicherung heißt, wird jedoch nur das Einkommen berücksichtigt und nicht das gesamte Vermögen.

Um die volle Unterstützung durch die Grundrente zu erhalten, darf das vollständige monatliche Einkommen bei Alleinstehenden nicht mehr als 1317 Euro betragen. Für Ehepartner liegt die Grenze bei 2054 Euro pro Monat. Alle Einnahmen, die über diesem Betrag liegen, führen automatisch zu einer Reduktion der Unterstützung und so zu einem Absinken der Grundrente.

Eine erhebliche Erleichterung gegenüber der vollen Sozialhilfe ist allerdings der Verzicht auf eine Kontrolle des Gesamtvermögens. Wer von der Sozialkasse Grundsicherung erhalten möchte, ist verpflichtet, zuerst den eigenen Besitz aufzuwenden und für die Lebenskosten zu verwenden. Erst sobald dies alles aufgebraucht wurde, kann man Unterstützung erhalten. Bei der Grundrente hingegen gibt es diesen Zwang nicht! Auch mit erheblichen eignen Vermögenswerten ist das Beziehen erlaubt. Zwar wird meist ein Bankkonto als Beispiel verwendet, viel erheblicher ist aber die selbstgenutzte Immobilie. Mit Grundrente darf man in dem eignen Haus wohnen bleiben und muss es nicht verkaufen. Im Alter beleibt somit eine gravierende Umstellung erspart. Außerdem ist es möglich, seinen Erben etwas zu hinterlassen.

Wie hoch ist die Grundrente?

Die genaue Höhe der Grundrente muss für jeden Rentner individuell berechnet werden. Der Vorgang ist dabei ausgesprochen komplex und für die große Mehrheit der Betroffenen kaum nachzuvollziehen. Dennoch soll er hier so gut wie möglich beschrieben werden.

Grundlage sind dabei die sogenannten Entgeltpunkte (EP), ein Entgeltpunkt entspricht dabei dem jährlichen Beitrag in die Rentenkasse, bei einem perfekten Durchschnittsgehalt. Im zweiten Schritt wird untersucht, welche Rentenbeitragszeiten als sogenannte Grundrentenbewertungszeiten gewertet werden können. Dazu muss man in dem Zeitabschnitt mehr als 0,3 EP erzielt haben. Also mehr als 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten.

Der EP Wert der Grundrentenbewertungszeiten muss nun unter 0,8 EP liegen, wegen der Vorgaben beim Gesamtverdienst. Ist dies so, dürfen die angesammelten EPs verdoppelt werden, wobei 0,8 EP wiederum als Obergrenze auftritt. Die Höhe des Zuschlages entspricht der Differenz zwischen altem und neuem Wert. Im nächsten Schritt wird der Zuschlag um 12,5 Prozent gekürzt. (bei der vollen Grundrente nach 35 Jahren). Danach folgt die Multiplikation des Ergebnisses mit der Zahl der Beitragsjahre, maximal mit 35 Jahren.

Insgesamt kommt man auf ein rechnerisches Maximum von 12,25 Entgeltpunkten (0,4 x 35 – 12,5 %). Diese sind jetzt wiederum in eine konkrete Summe umzurechnen. Dafür verwendet man den Rentenfaktor, welcher 2021 monatlich 34,19 Euro (West) beziehungsweise 33,47 Euro (Ost) betrug. Der maximale Zuschlag einer Grundrente macht somit 420 Euro aus.

Beispiel Berechnung Grundrente

Eine Verkäuferin aus Dresden hat 40 Jahre gearbeitet und ausreichend Grundrentenzeit erworben, um Anspruch auf Grundrente zu erhalten. Jedoch war ihr Lohn 15 Jahre davon unter der Grenze von 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes. In den übrigen 25 Jahren hat sie mehr verdient, im Schnitt 60 Prozent. In die Berechnung fließen also nur diese 25 Jahre mit einem EP von 0,6 ein.

Ihr EP wird zunächst verdoppelt. Eigentlich wären dies 1,2 EP. Doch greift hier die Beschränkung auf einen Maximalwert von 0,8. Zu ihren 0,6 EP erhält sie also zunächst einen Zuschlag von 0,2 EP. Von diesem Zuschlag werden pauschal 12,5 Prozent abgezogen. Womit 0,175 EP pro Jahr übrigbleiben. Auf 25 Jahre macht dies insgesamt 4,375 zusätzliche Entgeltpunkte. Da für sie die östlichen Werte gelten, erhält sie für jeden Entgeltpunkt 35,52 Euro monatlich (2022). Die Höhe des Zuschlages und damit der Grundrente beträgt für die somit 155 Euro pro Monat.

 Steuer

Steuertechnisch wird die Grundrente nicht anders behandelt, als eine normale Rente auch. Bis zu dem jährlichen Grundfreibetrag von 10.347 Euro (2022) ist sie steuerfrei. Dies entspricht Einnahmen von 862,25 pro Monat. Überschreitet man diesen, wird der Zuschlag durch die Grundrente, genauso versteuert wie der Rest der Rente auch. Besondere Steuervorteile gibt es durch die Grundrechte nicht.

Grundrente für Selbstständige

Eine Frage, die auch immer wieder aufkommt, ist die, ob selbst Freischaffende und Selbständige Anspruch auf Grundrente haben können. Ob dies der Fall ist, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Es spricht nichts dagegen, eine Tätigkeit als Selbständiger an sich reicht nicht aus, um die Grundrente zu verweigern. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass Selbständige die umständlichen Voraussetzungen für sie erfüllen können.

Diskussion über Grundrente

Man darf bei dem allen nicht vergessen, wie jung die Grundrente immer noch ist. Denn es gibt sie erst seit wenigen Jahren. Wobei bereits diese kurze Zeit ausgereicht hat, sie in erhebliche Kritik zu bringen. Ihr ursprünglicher Zweck war es, Arbeitnehmer mit geringem Einkommen und häufigen Beitragsausfällen eine höhere Rente zu ermöglichen. Dies ist ein häufiges Problem für berufstätige Mütter, die in der Regel einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und deshalb Einbußen beim Gehalt und somit auch bei der Rente hinnehmen müssen.

Gleichzeitig bewirken die vielen Einschränkungen auch eine deutliche Einschränkung für den Kreis der Berechtigten. Die Grundrente ist somit eine Hilfe für Bedürftige, die bei vielen Bedürftigen gar nicht ankommen kann.

Grundrente: Zeiten der Arbeitslosigkeit

Neben der sehr komplizierten Konstruktion ist es vor allen die Nicht-Anrechenbarkeit der Arbeitslosigkeit, die Kritik hervorruft. Gerade im Bereich der Teilzeit- und Aushilfskräfte sind zeitlich begrenze Arbeitslosigkeiten keine Seltenheit und prägen häufig den Lebenslauf der Betroffenen. Die Weigerung sogar das Arbeitslosengeld I als Wartezeit gelten zulassen, führt aus diesem Grund zu einer erheblichen Benachteiligung der Arbeitswilligen und Arbeitsuchenden. Im schlimmsten Fall kann eine Ansammlung von einzelnen Ausfällen den kompletten Rentenanspruch verhindern.

Es gibt deshalb von verschiedenen Stellen Initiativen und Druck, eine Reform der Grundrente durchzuführen. Insbesondere die Sozialverbände machen sich hier für eine Abänderung stark, doch es sind bereits in mehreren Parteien ähnliche Stimmen laut geworden. Es ist daher durchaus denk bar, dass sich die Grundrente in der nahen Zukunft wieder verändern könnte.

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