Kommt für die Rente Reform oder Umstellung?

Für die gesetzliche Rente Reform und Erneuerung zu fordern, ist eine der häufigsten und beliebtesten Aussagen der Politik. Allerdings ist kurz- und mittelfristig kaum mit einer Veränderung des bestehenden Systems zu rechnen. Die Risiken und Schmerzen einer Reform währen zu groß und der politische Gewinn zu gering, um sie auf die aktuelle Tagesordnung zu setzen. […]

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Seamus Wolf
Von Seamus Wolf

19. Mai 2022

Lesezeit: ca. 6 Minuten

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Für die gesetzliche Rente Reform und Erneuerung zu fordern, ist eine der häufigsten und beliebtesten Aussagen der Politik. Allerdings ist kurz- und mittelfristig kaum mit einer Veränderung des bestehenden Systems zu rechnen. Die Risiken und Schmerzen einer Reform währen zu groß und der politische Gewinn zu gering, um sie auf die aktuelle Tagesordnung zu setzen. Bedauerlicherweise, den es zeichnen sich bereits seit einiger Zeit Probleme ab, die ein entschlossenes Handeln notwendig machen würden.

Um besser verstehen zu können, warum das deutsche Rentensystem zu ist, wie wir es kennen und wie eine Reform aussehen könnte, soll hier auf seine Geschichte eingegangen werden. Von den Ursprüngen über die wichtigsten Veränderungen bis in die Gegenwart. Außerdem werden neuen Herausforderungen vorgestellt.

Rente Reform: Die Vorgeschichte

Ähnlich wie die berufliche Unfallversicherung und die Krankenkassen geht die Rente auf die Sozialreformen des 19. Jahrhunderts zurück. Bis dahin war jeder Bürger selber dafür verantwortlich, ausreichende Mittel zur Absicherung des eigenen Ruhestandes beiseite zu legen. Was aufgrund der kürzeren Lebenserwartung mehr ein theoretisches Erlebnis als eine sichere Lebensphase war. Berufstätigkeit bis zum Lebensende war, durch sämtliche gesellschaftliche Schichten, die Norm. Wer durch das Alter erwerbsunfähig wurde, war in erster Linie auf die Unterstützung der eignen Familie angewiesen.

Bismarck

Die Einführung der ersten Altersrente durch Kanzler Otto von Bismarck änderte nur wenig an dieser Situation. Das „Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung“ wurde am 22. Juni 1889 beschlossen und hatte den Zweck, den sozialistischen und sozialdemokratischen Arbeiterbewegungen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie hatten schon länger die Forderung nach einer Altersabsicherung erhoben und Bismarck hoffte durch sein Entgegenkommen ihren inneren Zusammenhalt zu schwächen.

Um diese Rente zu bekommen, muss man jedoch nicht nur 30 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben, sondern auch das 70. Lebensjahr erreicht haben. Ein Alter, welches zu dieser Zeit von nicht einmal einem Drittel der Bevölkerung erreicht wurde. Die Rente war damit eher symbolisch als wirklich relevant.

Die Umstellung auf Umlage

Eine sehr bedeutende, und im Rückblick verhängnisvolle, Änderung erfuhr das Rentensystem in den ersten Jahren der Bundesrepublik. Die Regierung Adenauer stellt die bis dahin kapitalgedeckte Rente auf ein Umlagen-System um. Was bedeutet dies? Bei einer kapitalgedeckten Rente werden die einzelnen Beiträge gesammelt und investiert. Sobald es zur Auszahlung kommt, ist es der Ertrag dieser Geldanlage, der die Rente finanziert. Bei einem Umlagesystem hingegen werden alle Beiträge sofort an die Rentner ausgezahlt. Erreicht man selbst das Rentenalter, wird man im Gegenzug mit den Beiträgen der neuen Einzahler bezahlt.

1957, als die Reform erfolgte, hatte sie zwei positive Effekte. Die bestehenden Renten konnten steigen und das nun freiwerdende Vermögen der alten Rentenkassen konnte in den Wiederaufbau des Militärs fließen. Über die langfristige Tragfähigkeit machte man sich keine Gedanken, „Kinder kriegen die Leute immer“ war Adenauers Antwort derartige Bedenken.

Die Reform von 2005

Eine kurzsichtige und falsche Prognose, wie sich nach dem „Pillenknick“ von 1964 zeigte. Seit dieser Zeit sind die Geburtenraten rückläufig und Zweifel an der Sicherheit der Rente wurden immer größer. In den 1980ern wurde daher auch eine große „Die Rente ist sicher“ Kampagne gestartet. Reformen wurden jedoch unterlassen.

Erst 2005 sollte es zumindest den Versuch einer Veränderung geben. Die Probleme mit der Finanzierung der Rente waren unbestreitbar geworden, allerdings scheute man immer noch eine große Reform (2005 war ein Wahljahr). Statt also den Kern des Systems zu verändern, konzentrierte man sich mehr auf einen Ausbau der staatlichen geförderten und privaten Formen der Rente. Das Resultat war ein heterogenes Maßnahmenpaket, welches für die Altersvorsorge immer noch bestimmt. Als Ergänzungen zur gesetzlichen Rente wurden die Basisrente (Rürup) und Riester-Rente eingeführt. Daneben wurde auch die Position der betrieblichen Altersvorsorge gefestigt. Alle drei Optionen erlauben es dem Sparer zur kapitalgedeckten Rente zurückzukehren, solange er sie selbst finanziert.

Gleichzeitig wurde auch die bestehende Altersrente angepasst, um die privaten Renten steuerlich attraktiver zu machen. War sie bis 2005 steuerfrei, muss sie ab diesem Jahr zu 50 % versteuert werden. Wobei dieser Rentenfreibetrag mit jedem weiteren Jahr sinkt und 2040 ganz verschwunden sein wird.

Insgesamt wurden keine Probleme wirklich gelöst und der einfache Bürger in den meisten Fällen schlechter gestellt. Es war die letzte größere Reform des Rentensystems bis jetzt.

Rente Reform: Zukünftige Herausforderungen

Aus der Sicht der Politik ist die Rente ein ausgesprochenes heikles Thema. Rentner sind einer der Zahlen stärksten und aktivsten Wählergruppen, sich es mit ihnen zu verscherzen kann sich keine Partei erlauben. Währende die Probleme und Prognosen über die weitere Entwicklung der Altersvorsorge bekannt sind und ein Problembewusst sein durchaus vorhanden wäre, versucht man lieber den Status Quo einfach noch ein bisschen andauern zu lassen und eine potenziell unpopuläre lieber den eigenen Nachfolgern zu überlassen. Eine „Nach mir die Sintflut“ Einstellung, die leider ausgesprochen weit verbreitet ist.

Demografischer Wandel

Insbesondere der bereits erwähnte demografische Wandel ist eine sehr kritische Entwicklung. Die gesetzliche Rente ist zwingen darauf angewiesen, mehr Beiträge einzunehmen, als Renten auszuzahlen. Um wirklich gut zu funktionieren, muss es einen deutlichen Überhang an Einzahlern gegeben, eine Situation, die nur gegeben ist, wenn auch genügen Kindern geboren werden. Seit den 60ern ist diese Zahl aber rückläufig. Wen man unverschämt sein möchte, kann man die umlagefinanzierte Rente mit einem Pyramidenspiel vergleichen, dem bald die Einzahler ausgehen werden.

Die Beitragssumme

Verschärft wird dieses Ungleichgewicht durch die Abhängigkeit von den Beiträgen. Wer mehr einzahlt, erhält auch eine höhere Rente. Ein Spitzenverdiener, der in den Ruhestand geht, brauch nicht nur mehre Einzahler, um seine Kosten zu stemmen, sie müssen auch ein vergleichbares Einkommen aufweisen. Selbst eine Gruppe an Arbeitnehmern wird den Ruhestand eines einzelnen Rentners nicht stemmen können, wenn sie für den Mindestlohn arbeiten und er 30 Jahre lang über der Beitragsbemessungsgrenze war. Aus diesem Grund ist es auch zweifelhaft, ob eine verstärkte Einwanderung bei der Sanierung des Rentensystems helfen kann. Wer sich über Jahre nach oben arbeiten muss, wird die Rente nicht entlasten können.

Pensionen und Selbständige

Eine Forderung, die vergleichsweise häufig in den Medien vorkommt, ist die nach einem Ende von Beamten-Pensionen und der Rentenbefreiung von Selbstständigen. Beide Gruppen sollen ihren bisherigen Status verlieren und als Pflichtversicherte in die Rentenkasse einzahlen. Dies würde deren Finanzierung sicherstellen. Bei genauerem Hinsehen wird aber deutlich, dass diese Argumentation wenig Substanz hat und vor allem auf Neid fußt. Dass man den Beamten die vergleichsweise großzügigen Pensionen und Selbständigen die gesparten Rentenbeiträge nicht gönnt, mach die Idee aber nicht gut. Würde man sie alle in die Rente aufnehmen, hätte man im besten Fall etwas Zeit gewonnen, den sie alle würden dann auch Ansprüche erwerben und dürften im Alter selbst eine Rente fordern.

Unmögliche Reform

Eine Rente Reform und Veränderung zu unterwerfen dürfte vorerst nicht auf der Agenda stehen. Erst wenn die Probleme weitergewachsen und unabwendbar sind, dürfte die Politik aktiv werden. Für den Moment ist die Situation unter Kontrolle und niemand möchte als Unruhestifter fungieren. Eine Reform der Rente würde viele Rentner und Einzahler verunsichern und gegen den Veranlasser aufbringen, etwas, was jeder Amtsinhaber gerne vermeiden würde.

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