Was ist die Erwerbsminderungsrente?

Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der staatlichen Rentenversicherung, die ausgezahlt wird, wenn die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit aus medizinischen Gründen beeinträchtigt ist. Ihre Höhe richtet sich nach den Rentenansprüchen. Soweit die grundlegende Beschreibung. Dabei wirft sie aber noch mehr Fragen auf. Wann zählt man als beeinträchtigt? Gibt es spezielle Vorgaben? Ist die Erwerbsminderungsrente genauso große wie […]

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Seamus Wolf
Von Seamus Wolf

27. Jul 2022

Lesezeit: ca. 10 Minuten

Was ist die Erwerbsminderungsrente?

Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der staatlichen Rentenversicherung, die ausgezahlt wird, wenn die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit aus medizinischen Gründen beeinträchtigt ist. Ihre Höhe richtet sich nach den Rentenansprüchen.

Soweit die grundlegende Beschreibung. Dabei wirft sie aber noch mehr Fragen auf. Wann zählt man als beeinträchtigt? Gibt es spezielle Vorgaben? Ist die Erwerbsminderungsrente genauso große wie die Altersrente? Gilt sie Lebenslang? Fragen, die im Folgenden beantwortet werden sollen.

Dabei ist es aber wichtig im Kopf zu behalten, dass es sich bei ihr um eine Notfallhilfe handelt und nicht wie die normale Rente um eine Einrichtung, mit der fast jeder planen kann. Bei einem idealen Verlauf des eigenen Lebens wird die Erwerbsminderungsrente niemals in Anspruch nehmen müssen. Dementsprechend gibt es auch weit weniger Optionen, sich privat vorzubereiten. Während man bei der Altersvorsorge aus einer breiten Palette an staatlichen geförderten und privaten Rentenversicherungen wählen kann, ist man hier um einiges eingeschränkter.

Trotzdem sollte man für den Ernstfall bereits sein. Die Absicherung von Lebensrisiken ist genauso wichtig, wie eine ertragreiche Rentenversicherung oder eine gute Hinterbliebenenabsicherung. Natürlich kann dieser Artikel nur der erste Schritt sein, den die persönliche Situation und die eigenen Wünsche können durch ihn nicht berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich daher, Kontakt zu einem Berater aufzunehmen und sich umfassenden über die eigenen Möglichkeiten aufklären zu lassen.

Hat die Erwerbsminderungsrente Voraussetzungen?

Wie auch alle anderen Leistungen der Rentenkassen, ist auch die Erwerbsminderungsrente an feste Vorgaben gebunden, die festlegen, wer sie bekommen darf und wehr nicht. Wobei man sie alle auf zwei großen Bedingungen aufteilen kann. Berechtigung durch die Rentenkasse und medizinische Beeinträchtigung.

Geforderte Beitragszeiten

Nicht jeder ist automatisch qualifiziert, eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten. Genauso wie die reguläre Rente aus Altersgründen müssen gewisse Zeiten als Beitragszahler erfüllt werden. Diese werden auf monatlicher Basis gezählt und setzen sich aus verschiedenen Quellen zusammen. Alle Monate, in denen man als Pflichtversicherter in der Rentenversicherung Beiträge gezahlt oder diese als freiwillig Sonderleistungen hat, gehören dazu. Außerdem dürfen auch andere Lebensabschnitte als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden.

Ab dem 17. Lebensjahr dürfen bis zu 96 Monate für Ausbildung und Studium gewertet werden. Wer ein Kind erzieht, darf weitere 10 Jahre einbringen, und auch Zeit, die aufgebracht wurde, um einen Verwandten unentgeltlich zu pflegen, ist verwendbar.

Für die Erwerbsminderungsrente sind zwei Grenzen wichtig. Man muss die grundlegende Anwartschaft für die Rentenkassen von insgesamt fünf Beitragsjahren erfüllen. Für die meisten Bürger ist dies bereits geschehen und stellt dementsprechend keine Hürde dar.

Komplizierter ist die Zweite: In den letzten fünf Jahren, müssen mindestens 36 Monate als Beitragszeiten gelten. Gerade für Selbstständige und Nichtberufstätige, ist dies ein großes Problem.

Nur wer beide Bedingungen erfüllt, darf überhaupt eine Rente beantragen. Jedoch gibt es eine Ausnahme, die speziell Berufsanfänger schützen soll. Entsteht die Erwerbsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall, sind die Zeiten irrelevant. Dafür muss man aber zu Zeitpunkt des Vorfalls pflichtversichert gewesen sein.

Die medizinische Vorgabe bei Erwerbsminderung

Daneben muss selbstverständlich die medizinische Definition von Erwerbsminderung erfüllt werden. Dabei wird auf einen detaillierten Fragenkatalog verzichtet und die Entscheidung allein anhand der täglichen Arbeitszeit getroffen. Wer pro Tag maximal 3 Stunden einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, ist voll erwerbsgemindert. Wer zwischen 3 und 6 Stunden pro Tag arbeiten kann, ist teilweise erwerbsgemindert. Beide Varianten der Rente unterscheiden sich in der Höhe der Rente und bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten.

Eine Sonderregelung gibt es für teilweise Erwerbsgeminderte, die aber keine geeignete Stelle finden. Solange sie auf der Arbeitssuche sind, können sie auch die volle Rente erhalten. So soll verhinderte werden, dass eine vorübergehende Arbeitslosigkeit die Heilung verhindert.

Erwerb und Beruf sind nicht das gleiche!

Es muss außerdem dringend erwähnt werde, dass hier wirklich die generelle Fähigkeit zum Erwerb gemeint ist! Der wirklich ausgeübte Beruf und die eigenen Qualifikationen sind unerheblich. Sollte man in der Lage sein, einer geringeren Tätigkeit nachzugehen, muss man dies auch tun. Was die Chance diese Rente zu erhalten natürlich extrem einschränkt. Wer dies nicht möchte, ist gezwungen, privat eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Diese betrachten in der Regel nur den eigentlichen Beruf und zahlen, sobald dieser nicht mehr ausgeübt werden kann.

Was ist die Höhe der Erwerbsminderungsrente?

Die genaue Höhe einer Erwerbsminderungsrente kann der persönlichen Renteninformation entnommen werden. Wie alle anderen Leistungen der Rentenkasse orientiert sie sich an den bis jetzt angesammelten Rentenansprüchen. Wer mehr eingezahlt hat, erhält dadurch auch eine größere Rente, wobei jemand mit geringen Gesamtbeiträgen nur eine ausgesprochen niedrige Rente erhält.

Als Faustformel, kann man davon ausgehen bei einer vollen Erwerbsminderung ca. 30 % der momentanen Altersrente zu erhalten. Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente sinkt dies ab auf ca. 15 %.

Dauer

Diese geringen Beträge sollen erneut untermauern, dass es sich hier um eine Hilfe für den Notfall handelt und nicht um eine Alternative um früher in den Ruhestand zu gehen. Tatsächlich wird die Erwerbsminderungsrente zu Beginn auch nur befristet gewährt. Nach maximal drei Jahren muss sie erneut geprüft werden, um verlängert werden zu können. Erst nach dem dritten Mal, also nach 9 Jahren, wird von einer permanenten Situation ausgegangen, in der es keine Hoffnung auf Erholung oder Heilung mehr gibt. Ab dann läuft die Erwerbsminderungsrente bis zum Beginn der regulären Rente mit 67 Jahren. Danach wird sie nicht mehr benötigt und erlischt.

Wie hoch sind bei der Erwerbsminderungsrente Abzüge?

Leider gibt es Abzüge, welche die Erwerbsminderungsrente weiter verringern. Ausschlaggebend ist dabei das sogenannte Referenzalter. Im Jahre 2022 beträgt es 64 Jahren und acht Monaten. Jeder Monat, den man vor diesem Datum in Rente geht, verringert durch Abschläge die Höhe der Rente. Die Rate beträgt damit 0,3 % pro Monat, bis zu einem Maximalbetrag von 10,8 %.

Die Minderung ist dauerhaft und kann sogar zu einem Absinken der Altersrente führen, wenn sich diese nahtlos angeschlossen wird.

Erlaubt die Erwerbsminderungsrente einen Hinzuverdienst?

Die Roll eines Hinzuverdienst, ist in diesem Fall etwas zwiespältig. Immerhin bezieht man sie ja gerade wegen einer Erwerbsunfähigkeit. Allerdings muss beachtet werden, welche Möglichkeiten dem Betroffenen offengelassen werden und was man von ihm verlangt.

Hinzuverdienst bei voller Erwerbsminderung

Selbst mit nur 3 Arbeitsstunden pro Tag, kann etwas Geld verdient werden und andere Formen des Einkommens, wie Mieten oder Geschäftserträge, sind ebenfalls denkbar. Allerdings verringern sie die Notwendigkeit, eine Rente für den Lebensunterhalt zu erhalten, weshalb es eine knappe Grenze für den Hinzuverdienst gibt.

Pro Jahr dürfen lediglich 6.300 Euro hinzuverdient werden. Alles, was darüber hinausgeht, reduziert im Gegenzug die eigentliche Rentenzahlung. Jedoch ist die Berechnung verhältnismäßig kompliziert und umständlich. Sie setzt voraus, den Überschuss auf die einzelnen Monate aufzuteilen und auf die monatliche Rente anzurechnen, wobei er jeweils zu 40 % zählt.

Ausgeführt sieht es etwa so aus: Ein Betroffener erhält nicht nur 1000 Euro Rente pro Monat, sondern hat aus verschiedenen anderen Quellen auch einen monatlichen Hinzuverdienst von 2000 Euro. Rechnet man dies auf ein Jahr um, enthält man einen Gesamtverdienst von 24.000 Euro und liegt geschlagene 17.700 Euro über der vorgegebenen Grenze. Auf die 12 Monate aufgeteilt, ergibt dies 1475 Euro. Nun müssen diese mit 40 % auf die Rente angerechnet werden, was diese auf 410 Euro pro Monat absinken lässt.

Es ist ganz interessant zu wissen, dass die exakt gleiche Regelung auch bei Frührentnern zu Geltung kommt. Auch diese müssen bei einem Hinzuverdienst über 6.300 Euro eine Minderung ihrer Bezüge hinnehmen.

Hinzuverdienst bei teilweiser Erwerbsminderung

Etwas anders ist die Situation bei einer teilweisen Erwerbsminderung. Zwar wird ebenfalls eine Einkommensgrenze gesetzt, deren Überschreiten auch die Anrechnung von 40 % des Mehrverdienstes zur Folge hat. Jedoch ist diese Grenze deutlich höher.

Sie orientiert sich an dem höchsten Entgelt aus den letzten 15 Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung. Allerdings gibt es eine Untergrenze von mindestens 15.989,40 Euro. Es ist also möglich, einen erheblichen Hinzuverdienst trotz Rente zu erwirtschaften.

Hintergrund dieses Verhaltenes ist die Vorstellung und Forderung, nach einer Teilzeitbeschäftigung. Mit 6 Stunden sollte man immer noch in der Lage seine eine begrenzte Tätigkeit auszuüben, um zumindest einen Großteil der eigenen Lebenskosten decken zu können. Die Rente ist lediglich als zusätzliche Unterstützung gedacht. Eine Konstruktion, welche eine großzügige Grenze beim Hinzuverdienst nicht nur sinnvoll, sondern sogar nötig macht.

Muss ich für die Erwerbsminderungsrente Steuer zahlen?

Ebenso wie die Rente aus Altersgründen muss die Erwerbsminderungsrente versteuert werden. Ausschlaggebend sind auch hier das Einkommen und der daraus abgeleitete persönliche Steuersatz. Eine Erleichterung dabei ist der Grundfreibetrag. Im Jahr 2022 durfte ein Alleinstehender 10.347 Euro und zusammenveranlagte Verheiratete 20.694 Euro als einnahmen haben, ohne unter die Steuerpflicht zu fallen.

Ob diese Grenze überschritten wird, muss man als Rentner selbst ermitteln. Es ist daher auf jeden Fall sinnvoll, die eigenen Finanzen im Auge zu behalten. Unter dem Grundfreibetrag ist zwar keine Steuererklärung abzugeben, doch da diese das Absetzen von Kosten ermöglicht und einen zwingt eine Aufstellung des eignen Verdienstes anzufertigen, wird es empfohlen sie dennoch aufzustellen.

Wie kann ich Erwerbsminderungsrente beantragen?

Das erfolgreiche Beantragen einer Erwerbsminderungsrente ist nicht einfach und erfordert sowohl Geduld als auch Vorbereitung. Insgesamt ist die Anzahl der abgelehnten Anträge sehr hoch, zwischen 40 % und 45 % werden nicht anerkannt. Daneben gibt es auch Fälle, wo statt einer vollen nur eine teilweise Erwerbsminderung zugesprochen wird.

Erster Schritt ist es immer einen Antrag auf Prüfung beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Diesem obliegt es die Belege zu sichten und eine Entscheidung zu treffen bei einer Ablehnung, ist es dem Betroffenen erlaubt einen Widerspruch einzulegen und eine erneute Bewertung zu fordern. Bleibt der Rententräger bei der Ablehnung, wäre der nächste Schritt eine Klage vor dem Sozialgericht. Erste zu diesem Zeitpunkt muss ein neutraler Gutachter die Situation bewerten und seine Meinung dem Gereicht mitteilen. In den allermeisten Fällen ist seine Expertise das ausschlaggebende Argument für die Verhandlung. Normalerweise folgt das Gericht dem Vorschlag und es kommt nicht selten vor, dass die Rentenversicherung den Prozess danach nicht mehr weiterverfolgt, sondern die Rente sofort genehmigt.

Leider ist dieses Vorgehen ausgesprochen langsam und kann sich durchaus auf mehrere Jahre strecken. Daher lautet die Empfehlung für alle Betroffene bereits frühzeitig einen Antrag zu stellen, solange man noch Geld vom Arbeitgeber oder aus der Krankenkasse erhält. So kann eine Zeit ohne Unterhalt hoffentlich vermieden werden.

Grundsicherung

Da die Erwerbsminderungsrente nicht sonderlich große ist, müssen viele neben ihren weiteren Hilfen in Anspruch nehmen. Für den Anfang ist dies meist das Arbeitslosengeld, allerdings ist dies auf ein Jahr begrenzt. Für viele geht die Erwerbsunfähigkeit daher mit einem abgleiten in die Sozialhilfe einher. Als Rentner ist man berechtigt, statt Hartz IV die Grundsicherung zu erhalten. Es handelt sich um eine finanzielle Zuwendung, welche die Lebenskosten decken soll. Sie muss bei den kommunalen Behörden beantragt werden.

Wer dies nicht möchte, muss selber Vorkehrungen treffen. Gute Investitionen mit laufenden Erträgen können die Lücke zwischen Rente und Kosten füllen und den eigenen Haushalt ausgleichen. Die direkteste und nützlichste Form der Vorbereitung ist aber das Abschließen einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung.

Wie gezeigt wurde, hat die Erwerbsminderungsrente eine Reihe an Einschränkungen und Hürden, die das Ausmaß ihres Nutzens stark einschränken. Auf sie angewiesen zu sein, geht mit großen persönlichen Opfern und Verzicht einher. Aus diesem Grund wird von vielen Sozialverbänden und Beratungsstellen der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung dringend empfohlen.

Es handelt sich bei ihr um eine rein private Versicherung, die ebenfalls das eigene Einkommen schützt.  Natürlich muss man immer auf die genauen Vertragsbedingungen achten, doch alle hochwertigen Anbieter haben modernen Verträge, welche deutliche Vorteile gegenüber der Erwerbsminderungsrente haben.  So wird nicht nur, wie schon erwähnt, die allgemeine Erwerbsfähigkeit abgesichert. Stattdessen wird der wirklich ausgeübte Beruf kontrolliert und nur er gibt den Ausschlag für den Versicherungsfall. Auch ist die Höhe dieser Rente nicht von der Rentenkasse abhängig, sondern wird beim Vertragsabschluss festgelegt. Man erhält einen besseren Schutz, mit weniger Problemen.

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