Statt 67, für die Rente 55 bereits als Zielalter zu wählen, ist eine Entscheidung, die als sportlich bezeichnet werden kann. Selbst unter den alten Gesetzen war eine gesetzliche Altersrente erst mit 60 Jahren verfügbar, mittlerweile ist diese Grenze auf 63 gerutscht. Rente mit 55 bedeutet einen Ruhestand der 12 Jahre früher beginnt als offiziell geplant. Was nicht bedeutet, er ist unmöglich! Wer es aber wirklich ernst meint, wird nicht darum herumkommen, bereits frühzeitig Vorbereitungen zu treffen. Ziel muss es sein, mit 55 genug passives Einkommen aus seinen Investitionen zu erhalten, um die eigenen Lebenshaltungskosten bestreiten zu können.
Die Optionen sind deutlich eingeschränkter als bei einem regulären Ruhestand. Um realisierbar zu sein, benötigt man als Sparer entweder ein erhebliches Vermögen oder einen außergewöhnlich sparsamen Lebensstiel. Wenn man eine, oder besser beide, Bedingungen erfüllt, muss dennoch der weitere Ablauf geplant und organisiert werden. Sich genau mit seinen Investitionen auszukennen und auf dem Laufenden zu bleiben ist immer gut, doch hier ist es Pflicht
Das Alter von 55 ist übrigens nur ein Platzhalter. Die gleichen Vorgaben und Regeln gelten für jeden der vorzeitig in Rente gehen möchte, von 60 runter bis 20 Jahren! Zwar scheint für viele Leute 55 ein faires und gutes Alter, um die Arbeit seien zu lassen, rechtlich relevant ist es aber nicht.
Rente 55: Gesetzliche und geförderte Renten
Wie bekannt ist, dient für die allermeisten Arbeitnehmer die staatliche Rente als Hauptstütze der eignen Ruhestandvorsorge. Wer jedoch mit 55 aufhören möchte zu arbeiten ist noch 8 Jahre von der Frührente und 12 Jahre von der regulären Rente entfernt. Es gibt schlichtweg keine Möglichkeit, zu diesem Zeitpunkt bereits Altersrente zu beziehen. Bestehende Rentenansprüche bleiben zwar ohne Probleme weiterbestehen, eingelöst werden dürfen sie aber erst mit der Altersgrenze.
Weitere Leistungen der Rentenkasse
Die Zahlungen, die aus der gesetzlichen Rentenkasse erfolgen können, sind alle an Bedingungen geknüpft. Eine zielgerichtete und reguläre Verwendung für die eigne Altersvorsorge ist keine Option. Waisenrenten werden nur bis 25 gezahlt. Die großen Witwen/Witwer-Rente kann man erst 57 erhalten und sie setzt den Tod des Ehepartners voraus. Eine Erwerbsunfähigkeitsrente muss nachweisbare medizinische Ursachen haben. Sie dienen damit alle nur der Versorgung im Notfall, und der Versuch, die Leistungsbedingungen vorsätzlich herbeizuführen, verbietet sich schon durch Anstand und Gesetzestreue.
Geförderte Renten
Genauso ungeeignet wie die gesetzliche Rente sind die verschiedenen staatlich geförderten Produkte. Basisrente, Riester und betriebliche Altersvorsorge sind alle so aufgebaut, dass sie auf eine Unterstützung und Ergänzung der Rente abzielen. Sie teilen daher die Altersgrenze für die Auszahlung. Es gibt praktisch keine Art und Weise, sie bereits mit 55 zu nutzen. Tatsächlich sind sie für diesen Zweck sogar schädlich! Riester-Verträge dürfen gekündigt werden, verlieren aber alle Vorteile und Förderungen. Das Vermögen in Basisrente und bAV kann dagegen überhaupt nicht erreicht werden und wird erst mit Erreichen des Auszahlungsalters an den Sparer zurückgegeben.
Rente 55: Private Renten- und Lebensversicherungen
Bei Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen gestaltet sich die Lage schon etwas angenehmer. Als rein privatrechtliche Verträge ohne staatliche Vorgaben können sie bereits mit 55 genutzt werden. Eine Rentenversicherung ist damit der einzige gangbare Weg, um eine regelmäßige Rentenzahlung bereits zu diesem Zeitpunkt zu erhalten.
Keine 12/62-Regel
Es sollte sich von selbst verstehen, dass die Verwendung der 12/62-Regel hier außer Frage steht. Immerhin ist die notwendige Frist im Namen genannt. Statt den eigenen Steuersatz für einen reduzierten Ertrag zu nutzen, wird man die Zahlungen aus dieser Versicherung mit der 25 % Abgeltungssteuer begleichen müssen. Bei einer Ausschüttung als Einmalzahlung ist es nur ein begrenzter Verlust, gerade für Besserverdiener.
Wer stattdessen eine regelmäßige Rentenzahlung erhalten möchte, wird jedes Jahr einen sinkenden Ertragsanteil versteuern müssen. Die vollständige und genaue Liste findet sich in § 22 EStG (Einkommensteuergesetz). Nach ihr muss ein 55-Jähriger noch 26 % versteuern. Es gibt somit zu Beginn der Auszahlung sogar einen kleinen Nachteil gegenüber der Abgeltungssteuer, welcher erst mit der Zeit verschwindet.
Rente 55: Investor
Insgesamt ist es sehr unwahrscheinlich, einen Ruhestand mit 55 durch die Verwendung von Produkten zur Altersvorsorge erzielen zu können. Der Kapitalgebrauch für diese Vorhaben ist enorm und wird von staatlicher Seite auf keine Weise unterstützt. Durch den 12 Jahre kürzeren Anlagehorizont werden auch die Auswirkungen von Wiederanlage und Zinseszinseffekt reduziert. Um dem entgegenzuwirken, muss man von Anfang an mit einer höheren Summe in die Vorsorge gehen. Geld, das einem somit nicht mehr zur Verfügung steht. Ohne eine umfassende und aktive Investoren Tätigkeit wird dieses Projekt kaum umzusetzen sein.
Passives Zusatzeinkommen
Wer mit 55 in Rente gehen will, plant eigentlich das Leben eines Privatiers oder Rentiers zu führen, nicht das eines Rentners. Um dies zu erreichen, muss das eigene Vermögen angelegt werden, um durch die laufenden Erträge alle Kosten decken zu können. Im momentanen finanziellen Umfeld sind Dividendenzahlende Aktien und laufende Mieteinnahmen die wohl besten Formen von nachhaltigem Einkommen. Sie sind in der Regel auch berechenbar genug, um eine solide Planung zuzulassen.
Zwangsläufig ist dies aber nicht! Es ist genauso möglich, durch die Wertsteigerung und den Verkauf von Anlagen das für das Leben notwendige Kapital zu erhalten. Die große Gefahr hier ist aber, komischerweise, ein langes Leben. Sollte das Vermögen schon während der Lebzeiten aufgezehrt sein, muss man eventuell noch im hohen Alter erneut mit dem Arbeiten beginnen oder Sozialhilfe beantragen. Ein deutliches Argument für ausschüttende Investitionen und Rentenversicherungen.
Aktien und ETF
Eine beliebte Investition, die bereits mit einer kleinen Summe begonnen werden kann, stellen Aktien und ETF dar. Zwar werden in der Berichterstattung fast immer die Kurse in den Mittelpunkt gestellt, Dividenden und Ausschüttung bleiben aber eine der Grundlagen dieser Anlageformen. Es gibt spezielle ETFs, die sich ganz bewusst auf Aktien mit guten und sichereren Dividenden konzentrieren. In den meisten Fällen kann die Zahlung jeweils direkt ausgeschüttet werden. Er hingegen lieber die Aktien direkt hält, findet in den Anleger-Informationen die notwendigen Daten zur Höhe und Rendite der Dividende.
Immobilien
Immobilien können insbesondere durch das Generieren von Mieteinnahmen einen bedeutenden Beitrag zur Rente mit 55 leisten. Ihr Schwachpunkt ist der sehr teure und umständliche Erwerb, der nicht nur eine sehr große Investitionssumme voraussetzt, sondern auch zum Verhandeln mit einer Bank zwingt und eine Reihe an gesetzlichen Vorgaben erhält. Dafür erhält man aber auch die Gelegenheit, einen erheblichen Teil der Kosten steuerlich gelten zu machen!
Insgesamt ist das Dasein als Vermieter zwar deutlich arbeitsintensiver als viele Alternative Investments, doch die Einnahmen sind in der Regel sehr sicher, berechenbar und vor allem ausreichend, um davon leben zu können. Wer sich aber seinen Ruhestand ab 55 vollkommen ohne Beschäftigung vorgestellt hat, kann immer noch eine Immobilienverwaltung damit beauftragen.